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Streik statt Uni: So lief die Klimawoche an der TU Dresden

Worum geht's? TU Dresden, Campus, Studenten, Klima, #HSZfuersKlima, Streik, Vorlesung
Hörsaalbesetzung, aber friedlich … Die einen streikten fürs Klima, die anderen für ihre Vorlesungen. Entschlossen waren alle. So spannend lief die Klimastreik-Woche an der TU Dresden.
Der Black Friday war nicht nur der Schnäppchen-Tag – es war auch das Datum des globalen Klimastreiks. Kein Zufall, treffen sich doch nun die Regierungen dieser Welt in Madrid zur Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen. In Vorbereitung auf die Proteste fanden in vielen Städten Veranstaltungen und Themenwochen zum Klimaschutz statt. In mehr als 40 Städten hatten Studierende die Public Climate School ausgerufen, die öffentliche Klimahochschule. Im Hörsaalzentrum (HSZ) und anderen TU-Gebäuden fanden spannende Vorträge und kreative Workshops statt, unter anderem organisiert von Students for Future und der TU-Umweltinitiative tuuwi.
Ziviler Ungehorsam erzeugt Aufmerksamkeit
Auch im HSZ, aber mit anderen Akteuren: die Hörsaalbesetzung. Zwar hatte die Universität einen Ausweichstandort angeboten, den Potthoffbau, doch am Montag war das Audimax besetzt. Im Potthoffbau hätten die Klima-Aktivsten von „HSZ fürs Klima“ und „Ende Gelände“ keine Lehrveranstaltungen gestört, doch genau das war ja das Ziel: „Wir möchten durch unsere Aktion die größtmögliche Aufmerksamkeit auf das Thema der sozialökologischen Krise lenken“, teilte die Gruppe in einem offenen Brief mit. Ziviler Ungehorsam erzeuge diese Aufmerksamkeit.
Vorlesungen fielen aus, Erstis enttäuscht
Aufmerksam wurden auf jeden Fall die Maschinenbau-Erstis, deren Montags-Vorlesung ins Wasser fiel. Nachdem die Besetzer die Mikrofone gekapert hatten, war klar, dass die Lehrveranstaltung nicht wie geplant laufen würde. Die Studenten skandierten „Vorlesung“ und wollten eine Abstimmung. Die wäre deutlich ausgegangen: mehrheitlich pro „Konstruktion 1“. Die HSZ-fürs-Klima-Aktivisten argumentierten, dass Abstimmungen immer Minderheiten ausgrenzen und daher für die Konsensfindung ungeeignet seien – Demokratie hin oder her. Letztendlich blieb es dabei: Die Vorlesungen im Audimax fielen für diese Woche aus. Berichten zufolge sollen einige Erstis darüber in Tränen ausgebrochen sein.
Petition für HSZ-Räumung
Inzwischen unterzeichneten immerhin fast 500 Menschen eine Petition auf der Plattform avaaz: „Wir als Studenten fordern die störungsfreie Aufrechterhaltung des planmäßigen Lehrbetriebs im HSZ. … Eine lebenswerte Zukunft kann nur durch Bildung ermöglicht werden.“ Nun gut, zwar fielen Vorlesungen weg, doch dafür gab es ein alternatives Programm von Bildungsveranstaltungen und das Streikcafé, das den zentralen Ort des Austausch darstellen sollte. Dennoch wurde gefordert, der TU-Rektor möge sein Hausrecht durchsetzen und das HSZ räumen lassen. Die Polizei stand schon bereit.
„Die TU Dresden hat sich entschieden, auf Druck nicht mit Gegendruck zu reagieren“, heißt es in einer Presseerklärung am Montagnachmittag. „Die TU Dresden handelt im Interesse ihrer Studierenden und auch der zwischenzeitlich im Raum befindlichen Kinder, die anscheinend von der Besetzergruppe mitgebracht wurden, und verzichtet bis auf weiteres auf die Durchsetzung des Hausrechts mit Polizeigewalt.“ Also erst mal alles ruhig … aber nicht für lange.
Ende für „Ende Gelände“ und Co.
Spannend wurde es dann doch noch am Donnerstag. „Audimax wurde im Netz durch Aktivisten als kostenfreies, gut erreichbares "Hotel" mit 297 Schlafplätzen für unabsehbare Zeit "angeboten". Bruch der Absprachen. Audimax bleibt deswegen geschlossen. #HSZfuersKlima“ twitterte die TU Dresden. Und wirklich: Diesmal bekam die Polizei was zu tun. Hausverbot für die Teilnehmer der Besetzung. Verschlossene Türen im HSZ. Ende für „Ende Gelände“ und Co. Zumindest an der Dresdner Uni.
Wenig hilfreich für die gute Sache
Was hängenbleibt: „Wir bedauern sehr, dass ,HSZfürsKlima‘ die äußerst weitgehenden Zugeständnisse durch das Rektorat nicht genutzt hat, um sich konstruktiv mit dem Thema Klimaschutz – das in unser aller Interesse liegt – auseinanderzusetzen,“ resümiert Prof. Hans Müller-Steinhagen. „Stattdessen sehen wir den Erfolg der Klima-Aktionswoche mit den ,Students for Future‘, ,Scientists for Future‘ und der TU-Umweltinitiative beschädigt. Deshalb hier noch einmal der deutliche Hinweis: Die Organisatoren der Public Climate School, die ,Students for Future Dresden‘, sind NICHT mit den Aktivisten von ,HSZfürsKlima‘ gleichzusetzen. Beide agieren unabhängig voneinander.“
Auch der Studierendenrat der TU Dresden (StuRa) ist – umgangsprachlich ausgedrückt – massiv angepisst: „Die vergangenen Tage zeigen, dass eher noch Antipathie geschaffen wurde, da es mehrere Fälle von Sachbeschädigung bis hin zur Brandstiftung gegen die Besetzer/innen und die Public Climate School gab. Diese Vorkommnisse verurteilen wir scharf. Ebenso betrachten wir es allerdings als grenzüberschreitend, wenn beteiligte Universitätsangehörige namentlich angeprangert werden“, sagt Nathalie Schmidt, Geschäftsführerin für Soziales und Hochschulpolitik des StuRa der TU Dresden.
Uni-Wahlen beeinträchtigt
„Durch die Ereignisse dieser Woche sehen wir bereits jetzt eine stark zurückgehende Wahlbeteiligung, insbesondere bei den Fachschaften, deren Wahlstände sich im HSZ befinden.“, so Jan-Malte Jacobsen, Wahlleiter der Studierendenschaft. „Dass der Zugang zum Gebäude derzeit reguliert, viele Türen verschlossen und Einsatzkräfte vor Ort sind, trägt nicht zur Entschärfung der Situation bei.“ Und Nathalie ergänzt: „Dass diese Woche in dieser Art und Weise eskalierte, bedauern wir sehr. Eine Frontenbildung nützt niemandem etwas.“
Text: DMD
Foto: Charlotte Rüsch
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Florian Wendler von der TU-Umweltinitiative (tuuwi) machte uns darauf aufmerksam, dass es sogar in mehr als 50 Städten Public Climate Schools gab. Auch waren die im Artikel erwähnten Erstis bereits Studierende im dritten Semester. Tränen hat Florian, der als Beobachter und Organisator von ,Lectures for Future' sowie als Mitorganisator der Public Climate School Dresden vor Ort war, keine gesehen. „Was ich gesehen habe: ,Halt die Fresse‘-Rufe und hoch gerissene Arme mit Mittelfingern“, berichtet er. Von den im HSZ ausgefallenen Vorlesungen, fanden nur vier gar nicht statt, die anderen wurden in Ausweichgebäude verlegt.
Und zum Thema Uniwahlen schreibt Florian: „Hier ist zu sagen: Natürlich war das nicht gut für die Wahlen, aber diese Situation wurde aktiv von der Hochschulleitung provoziert. Mittwoch gab es keine Probleme. Die Aktion von HSZfürsKlima hätte friedlich auslaufen können. Nur durch den Bruch der Abmachung zur Duldung und den Polizeieinsatz wurde die Wahl gestört. Das geht nicht direkt auf die Kappe von HSZfürsKlima.“
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