Schreib uns per WhatsApp: 0172 77 18 33 4
Viel heiße Luft: Die Klimakonferenz in Madrid

Worum geht's? Klima, Klimakonferenz, UN, TU Dresden, Campus, tuuwi
Was hat die UN-Klimakonferenz gebracht? Drei studentische Experten von der TU-Umweltinitiative tuuwi haben die Ergebnisse und Versäumnisse für euch eingeordnet.
Vom 2. bis 13. Dezember 2019 fand erneut die UN-Klimakonferenz statt. Dieses Jahr trafen sich die Vertreter*innen verschiedener Länder und Institutionen in Madrid. Die Sitzungsleitung übernahm die politische Führung Chiles, in welchem der Gipfel ursprünglich ausgetragen werden sollte. Aufgrund der zuletzt heftigen innenpolitischen Entwicklungen des Landes wurde Ende Oktober die Umverlegung nach Madrid beschlossen. Die Vertreter*innen versuchten sich auf Klimaschutzmaßnahmen zu einigen und über transnationale CO2-Zertifikate zu verhandeln. Wie so oft zuletzt, unfreiwillig im Rampenlicht der Medien: Greta Thunberg als Kopf der Klimabewegung „Fridays for Future (FFF)“ war ebenfalls vor Ort.
Proteste im Voraus - auch an der TU Dresden
Der Klimagipfel war der Anlass für die Klimastreikwoche von Students for Future Deutschland, in deren Rahmen in über 50 Städten ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm unter dem Namen Public Climate School (PCS) ausgearbeitet wurde. Der Name weist explizit darauf hin, dass das Programm für alle Bürgerinnen und Bürger offen ist. Auch in Dresden gab es viele Veranstaltungen in diesem Rahmen. Der 4. Globale Klimastreik am 29.11. galt dem Erzeugen einer breiten Öffentlichkeit mit Hinblick auf die Konferenz. In Dresden versammelten sich an diesem Tag nach Angaben von FFF 6.000 Menschen am Theaterplatz.
In dieser Woche wurde weiterhin der größte Hörsaal der TU Dresden (TUD) besetzt, um die Dringlichkeit der sozialökologischen Krise symbolisch in das Herz des Campus zu rücken. Zur der äußerst umstrittenen und viel diskutierten Aktion sowie deren Zielen haben Klimagruppen wie die TU-Umweltinitiative und Students for Future Dresden Stellung bezogen. Sie möchten nun gemeinsam an einem umfangreichen Forderungskatalog arbeiten. Daran soll auch der Studierendenrat (StuRa) der TUD beteiligt sein. Die Forderungen sollen später studentisch legitimiert an die Universitätsleitung getragen werden. Zum Umgang mit den Ereignissen gab es am 12.12. bereits eine Sondersitzung des StuRa.
Die Klimakonferenz - Bekämpfen von Symptomen statt Ursachen
Ein wichtiger Programmpunkt war die Kompensation von Schäden und Verlusten, die bereits durch den Klimawandel entstanden sind. Der „Warsaw International Mechanism“ wurde 2013 in Warschau eingeführt und soll für kompensierende und schadensregulierende Maßnahmen Mittel zur Verfügung stellen. Seither wird er jedes Jahr auf den Klimakonferenzen diskutiert. Unwissen erschwert die Beschlussfindung, denn das Ausmaß der sozio-ökologischen Disruption ist nicht leicht zu erfassen. Verlorene Existenzen, zerstörte Infrastruktur, menschliches Leid – schon begonnene Prozesse werden sich in den nächsten Jahren weiter verschärfen, neue werden hinzukommen.
Versicherungen, humanitäre Hilfe und Kompensationsmechanismen sind mögliche Formen der finanziellen Entschädigung. Von den Ländern des globalen Nordens, Hauptverursacher der ökologischen Krise, fühlen sich trotz des hohen Handlungsbedarfs dennoch nur wenige in der Verantwortung. Ein Mechanismus fehlt weiterhin. Immerhin - die Bundesregierung hat angekündigt 500 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.
Seit der Klimakonferenz 2015 in können Länder und Unternehmen mit den ihnen zugeteilten Emissionsrechten handeln. Dies brachte einige diskussionswürdige Themen mit sich: Gelten die Verschmutzungsrechte des veralteten Kyoto-Protokolls trotzdem weiterhin und dürfen diese parallel weiterverkauft werden? Können klimafreundliche Investitionen von Industriestaaten in Entwicklungsländern auf die eigene CO2-Bilanz angerechnet werden? Besonders dieser Punkt war eine immernoch große und offene Frage der Konferenz von 2015 und dessen konkrete Umsetzung war bereits letztes Jahr in Kattowitz gescheitert. Am Ende gab es dafür auch nach Verlängerung der Verhandlungen zu diesen Themen keine endgültigen Entscheidungen und viele Teilnehmende äußerten sich enttäuscht. Insbesondere Brasilien fiel immer wieder negativ durch das Blockieren von teils schon getroffener Entscheidungen auf.
Parallel gab es auf dem „Peoples' Summit“ im ursprünglichen Veranstaltungsort Santiago de Chile einen alternativen Klimagipfel, auf dem sich verschiedene Menschenrechtsorganisationen trafen. Der Umzug des Gipfels nach Madrid war für viele kleinere Organisationen zu teuer und der globale Süden auf der Konferenz in Madrid dadurch unterrepräsentiert.
Mahnende Stimmen aus allen Richtungen
Verschiedenste Akteur*innen kamen während der Klimakonferenz zu Wort. Zu Anfang der Konferenz mahnte UN-Generalsekretär Gueterrez mit den Worten „Was fehlt, ist der politische Wille“ und ist enttäuscht über die bisherigen Maßnahmen der Länder. Greta Thunberg, die mittlerweile durch das Time Magazin zur Person des Jahres gewählt wurde, möchte die Aufmerksamkeit der Medien nutzen und macht gemeinsam mit anderen weltweit bekannten und jungen Aktivist*innen auf die Dringlichkeit des Handels aufmerksam. Sie kritisiert harsch, wie die Aufmerksamkeit allzu oft ihrer Persönlichkeit statt den eigentlichen Inhalten ihrer Bewegung gewidmet wird.
Bei der FFF-Demo am Freitag, den 6.12. weisen die Teilnehmer*innenzahlen eine hohe Diskrepanz auf, während die Polizei von 15.000 Menschen spricht, gibt die Organisation 500.000 Demonstrationsteilnehmende an. Alles andere als mit offenen Armen wurde die unangemeldete Demo vor dem Plenarsaal des Klimagipfels begrüßt, an der unter Anderem der BUND und Friends of Earth teilnahmen. Wie andere kleinere und größere „unglückliche sicherheitsrelevante Vorfälle“ der letzten Zeit wurde diese Demo aufgelöst.
Aktuelle Bemühungen innerhalb der Europäischen Union
Während in Madrid über Emmissionsrechte verhandelt wurde und Gruppen von Demonstrant*innen das Straßenbild bestimmten, vernahm man in Brüssel neue Ankündigungen: Die EU möchte eine Vorreiterrolle in Sachen Klimaschutz übernehmen und beschloss (bis auf Polen) bis 2050 klimaneutral zu werden. Zudem hat EU-Komissionspräsidentin von der Leyen einen „Green Deal“ angekündigt, der aufschlüsselt, wie dies in den nächsten 30 Jahren erreicht werden könnte. Neben der Emissionssenkung sollen Arbeitsplätze geschaffen und die Lebensqualtiät verbessert werden. Dennoch erfuhr der „Green Deal“ Kritik von vielen Seiten. Er sei nur eine Ankündigung von Gesetzen, die 2020 und 2021 auf den Weg gebracht werden und mache zu wenige Aussagen über den Weg hin zur Klimaneutralität.
Ein Fazit
So bleibt auch dieses Treffen hochrangiger Politikerinnen und Politiker ein Armutszeugnis. Seit der ersten Klimakonferenz 1979 sind die Probleme bekannt, doch auch an diesem Gipfel wurde schon oft Gesagtes nur erneut verschriftlicht und durch Händeschütteln bestätigt, ohne wirklich relevante Maßnahmen einzuleiten. Damit reiht sich diese Klimakonferenz in den traurigen Trend der Klimakonferenzen der letzten Jahre ein. Nach jeder weiteren ernüchternden Veranstaltung gibt es Hoffnung, dass bei der nächsten der Knoten platzt und endlich mehr Handlungswille besteht. Doch momentan ist das Austragen der Konferenzen eine Abfolge von verpassten Gelegenheiten.
Jede weitere verpasste Gelegenheit verkleinert den Spielraum, richtige und wirksame Entscheidungen zu treffen und diese auch durchzusetzen. Da die Klimakatastrophe ein globales Problem ist, sind wir um so mehr auf richtungsweisende Ergebnisse einer Weltklimakonferenz angewiesen. Sie könnte der Keim einer neuen bahnbrechenden Zeit sein. Das Bewältigen der Klimakrise verlangt nicht mehr als die Kooperation und den vereinigten Willen aller Staaten der Welt. Im Jahr 2019 ist Globalisierung vor allem von ökonomischer und wissenschaftlicher Natur, doch was wir brauchen ist politische Globalisierung. Weltklimakonferenz könnte Hoffnung, Aufbruch, Fortschritt sein. Bisher ist sie Beschwichtigung, Ernüchterung, Vertagung.
Während früher nur vereinzelte Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen warnten, wird heute der Unmut und die Sorgen in großen Teilen der Zivilgesellschaft größer. Bisher reichte das allenfalls, um die mächtigen Frauen und Männer der Welt leicht zu erschüttern. Das Beben bleibt bisher aus. Bis dahin liegt es weiter an uns selbst, klimapolitischem Engagement nachzugehen und klimabewusst zu leben.
Text: Sophie Banke, Peter Feistel, Florian Wendler
TU-Umweltinitiative
Foto: pixabay
Jetzt bist du dran: Hast du ein tolles Projekt, das du gerne in der CAZ vorstellen willst? Oder gibt es Probleme an der Uni? Über welche Campusthemen sollen wir in der CAZ berichten? Schreibe an redaktion@caz-lesen.de